HK Kópavogs

Nein, ausgerastet ist diesmal niemand. Dazu waren die Leistungen von HK Kopavogur zu gewöhnlich - oder die der Gäste zu schlecht. Es reichte aber nicht, Boden auf die Tabellenspitze gutzumachen. Trainer Schluri war es relativ egal - ihm bereiten die Stände im Europapokal größere Sorgen. "Wenn ich mir die 5-Jahreswertung anschaue träume ich jetzt von Platz 1!" meinte er und spielte damit auf das schlechte Abschneiden Italiens in dieser Saison an. "Aber wir haben auch einige Verfolger, die uns erst mal von Platz 2 verdrängen werden. Diese Saison wird es also nichts mit einem Top-Platz, aber wenn wir kommende Saison an der Spitze stehen wollen müssen unsere Mannschaften noch einige Punkte holen" lautete die Forderung. Gut, insgeheim steckt dahinter auch die leise Hoffnung, dass sich diese Mannschaften international verausgeben und ihnen dann Kräfte im Endspurt um die nationale Meisterschaft fehlen. Denn in Bezug auf ein Ziel ließ er klar die Katze aus dem Sack: "Ja sicher, wir wollen in der nächsten Saison wieder in der Champions League spielen. Und Platz 4 wird dafür sicher nicht ausreichen!". Keine Meisterschaft? "Schön wäre es, aber jetzt müssen wir uns erst mal darauf konzentrieren, die Konkurrenz hinter uns auf Distanz zu halten und den Anschluss nach vorne nicht zu verlieren." Und da im Europapokal gerade Pause ist steht zu vermuten, dass vor lauter Langeweile dieses Ziel mal im Vordergrund steht.

Na gut, es entspricht dem in Mitteleuropa zur aktuellen Jahreszeit üblichen Wetter: Mit fast schöner Regelmäßigkeit kommt das nächste Gewitter. Und ein solches gab es nun auch wieder in Kopavogur zu bestaunen, wenn es auch kein meteorologisches war. Aber es war auch sonst kein normales Gewitter, wie wir es in den letzten Spielzeiten immer wieder geboten bekommen hatten. Schon der Ort war anders, nicht der Raum für die Pressekonferenzen, sondern das heimische Spielfeld musste herhalten. Und der Vereinspräsident blieb wider Erwarten ruhig. Die Fassung verlor lediglich - Trainer Schluri! Nach Abpfiff des blamablen 3:3 Unentschiedens gegen den schon als potentiellen Absteiger gehandelten Hauptstadtclub Vikingur überraschte er Spieler wie Fans und Präsidium mit einem Wutausbruch, den man so schnell nicht vergessen wird: "Ihr seid zu blöd, Schnecken am Torschuss zu hindern - ich weiß, die sind so schnell zu Fuß unterwegs" war eine der milderen Beschimpfungen in Richtung Abwehr, die einen erheblichen Anteil an der Blamage hatte. In der anschließenden Pressekonferenz wurde es geringfügig sachlicher: "Wenn man zu Hause so wichtige Punkte abgibt hat man an der Tabellenspitze nix zu suchen!" und "So können sich die Spieler jetzt auch schon von der kommenden Reisesaison verabschieden, aber das haben sie sich ja redlich verdient" übte sich der Trainer als Orakel. Wie es weitergeht ist allerdings unklar. Über Verstärkungen der Mannschaft, vor allem im Bereich der Abwehr, gibt es lediglich Spekulationen. Leisten könnte man es sich ja, denn das Geld aus den Champions League-Teilnahmen der letzten beiden Spielzeiten ist noch nicht ausgegeben.
Nachdem zuletzt gegen die Hauptstädter in 3 Spielen nur 1 Punkt geerntet werden konnte ist man nun froh, um die Hauptstadt einige Bögen machen zu können. Nicht nur, weil zwei Heimspiele anstehen, sondern auch, weil die Gegner nicht von dort kommen. Aber gefährlich sind auch sie. Leider.

Normalität ist in Kopavogur eingezogen: Auswärts schlecht, zu Hause hoch motiviert, und mal wieder in der Tabelle auf dem Weg nach unten - eigentlich sollte man sich an dieses Bild zur Saisonmitte gewöhnt haben. Nur die Europapokalspiele, die in den letzten Spielzeiten für meist erfreuliche Abwechslung sorgten, fehlen. Die Fans müssen für derartige Abwechslungen ins Nachbardorf Reykjavik fahren, wo zwei Mannschaften dem zweifachen Meister derzeit kräftig die Schau stehlen. Trainer Schluri bleibt davon unbeeindruckt, und zur großen Überraschung aller findet auch der sonst in solchen Situationen äußerst ungehaltene Vereinspräsident keine Worte mehr. Na gut, dreimal Reykjavik steht nun für HK an, darunter der schwere Gang zum Tabellenführer. Vielleicht rastet der Vereinspräsident dann endlich mal wieder aus - schließlich muss ja irgendwie mal wieder Leben in die Bude kommen! Die letzten Pressekonferenzen waren zumindest sterbenslangweilig.

Ja, da fielen ihm schon einige Steine vom Herzen: Nach den letzten Spielen musste HK Kopavogur die Tabellenführung abgeben, die Schluri ja gar nicht so gerne hat (mal vom Saisonende abgesehen). Im Gegensatz zum Vereinspräsidenten, der nach dem enttäuschenden Auswärtsauftritt bei IB Keflavik wieder zu alter Tob-Form zurückfand: "Ich dachte zuletzt, diesen Schlendrian, der sich bei den Auswärtsspielen früher immer eingeschlichen hatte, nicht mehr sehen zu müssen. Und nun fallen wir wieder in die unansehnlichen dunklen Zeiten zurück, in denen sich die Mannschaft auf Gegners Platz abschlachten lässt. Wenn ich mir da die couragierten Auswärtsspiele vom Titelverteidiger und neuen Tabellenführer Fjölnir anschaue der aber auch an die starke Gegenwehr von KR auf fremden Plätzen denke - da können wir uns noch einige Scheiben abschneiden." Nun gut, im Falle von KR hat er wohl vergessen, dass die Heimmannschaften (fast) regelmäßig mit Arbeitsverweigerung glänzten. Und zudem hat er übersehen, dass Schluri und Schlendrian schon immer gut zusammenpassten. Mal sehen, wann in dieser Saison der Vereinspräsident das Training übernehmen will.

Es ist ein praktischer Einrichtungsgegenstand für einen Trainer, der gerade der Meinung ist, dass er nichts zu tun hat. Und so verbrachte der Trainer von HK Kopavogur die letzten Tage vorzugsweise auf seinem Möbelstück, nicht etwas um seine Spieler zu Trainingshöchstleistungen anzutreiben, sondern die isländischen Punktehamster für die 5-Jahreswertung zu beobachten. Mit gemischten Gefühlen, da das unglückliche Ausscheiden von Valur Reykjavik und IB Keflavik die souveränen Erfolge des Meisters Fjölnir und des Pokalsiegers KR überschattete.
Während Fans und Vereinspräsident die zweite Tabellenführung in Folge feiern (womit HK seinen Vereinsrekord aus seiner ersten Meisterschaftssaison 2008-2 einstellte) konnte sich Schluri überhaupt nicht darüber freuen: "Ohje, wir sind dann ja weiterhin die gejagten, und das Verhältnis Tabellenführungen : Meisterschaften wird auch immer schlechter" jammerte er wieder mal auf hohem Niveau. Immerhin scheint die Mannschaft so langsam zu alten Tugenden zurückzufinden, wo der Sturm auswärts das Arbeiten einstellt, um zu Hause deutlich ausgeruht die gegnerischen Verteidigungen von einer Verlegenheit in die nächste zu manövrieren. Nun muss sich Schluri aber wieder mal aus dem Sofa bequemen, denn der nächste ZAT steht an. "Naja, ich freue mich schon auf den Start der Royal League" meinte er dazu. Ach ja, er träumt weiter von seinem Sofa.

Zufriedene Gesichter konnte man auf der letzten Pressekonferenz von HK Kopavogur sehen. Tabellenführer ist man ja bisher sehr selten gewesen (3 Mal) und so war man froh, dieses Gefühl deutlich auskosten zu können. Doch Trainer Schluri war es dieses Mal, der mit aller Macht versuchte, die gute Stimmung zu trüben: "Nee, das passt mir im Moment überhaupt nicht. Bisher waren wir eher die Mannschaft der Rückrunde. Wir sind nicht diejenigen, die das Feld von vorne so gut beherrschen können wie wir das ja von Fjölnir oder IA kennen." Tja, nun ist es aber passiert - und schon kann der Trainer nicht mehr ganz so ruhig auf dem Sofa sitzenbleiben, von dem aus er den aus isländischer Sicht etwas unauffälligen Beginn der europäischen Wettbewerbe betrachtete. Immerhin sieht es für IB Keflavik im UI-Cup sehr gut aus, und für Fjölnir wird es sicher auch noch besser. Also das wird schon. Und manchmal ist es auch gut, wenn sich der UI-Cup-Teilnehmer für den UEFA-Cup qualifiziert - er kann ja auch sehr hilfreich beim Punkte-hamstern sein, insbesondere dann, wenn ein anderer Teilnehmer früh unglücklich ausfällt. Wir kennen das ja aus 2008-3!
Jetzt gibts aber erst mal einen Nicht-NMR von Kopavogur, und da gehts vorzugsweise gegen hungrige und zum Teil von NMRs der Gegner träumende Mannschaften aus der unmittelbaren Tabellennachbarschaft. Aber für Vorentscheidungen ist es eigentlich noch viel zu früh. Nur eines ist sicher: Die goldene Ananas geht nicht nach Akranes. Schließlich ist sie nicht grau! Auch wenn Remo Scarel noch ein Weilchen auf richtig eselfarbenes Wetter warten muss.

Trainer Schluri war zufrieden. Nach dem knappen 1:0-Heimsieg gegen Keflavik konnte man tatsächlich mal wieder ein Original-Statement von ihm hören: "Der Rasen war in ausgezeichneter Verfassung - er stand den Plätzen in Wimbledon in nichts nach! Ein dickes Lob an unsere Rasenpflegeabteilung!". Hm, fand die Vorbereitung auf die neue Saison etwa in Wimbledon statt? "Nein, natürlich nicht, denn dort wären wir ja sofort aufgefallen." Nun gut, dieses Geheimnis bleibt dann erst mal ungelöst.
Den Saisonauftakt musste man allerdings auswärts bestreiten und sorgte bei IA Akranes mit einer offensiveren Einstellung als sonst mit einem 2:1-Sieg für eine dicke Überraschung. Die 0:3-Pleite in Hafnarfjordur holte die Mannschaft aber wieder zurück auf den harten Boden der Tatsachen. Denn die beiden Auftaktsiege konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei HK sowohl im technischen als auch konditionellen Bereich noch enorme Defizite bestehen. Gegen wache und engagierte Gegner wird es dann sehr schwer, zu punkten. Womöglich bestand die Vorbereitung hauptsächlich aus Sightsseing?

Es ist nicht immer so einfach, Schluri und seine Mannschaft während der Saisonvorbereitung aufzusuchen. Dem Autor ist dies vor den letzten beiden Spielzeiten geglückt (wir erinnern uns: Grönland und Oman), aber in dieser Saison gibt es überhaupt keinen Anhaltspunkt. Und die Welt ist groß. So versuchte ich mein Glück beim Stadion von HK Kopavogur. Ausgestorben konnte man die Gegend nicht nennen - eher schon überbevölkert angesichts der 86 Beine, die sich über den Rasen bewegten. Die vereinseigene Schafherde samt Hütehund und Schäfer haben nun auch ihren Anteil an der Saisonvorbereitung zu leisten. Und so hatte ich das Glück, doch noch ein Interview zu bekommen:

Sie bereiten gerade den Rasen für das erste Heimspiel der neuen Saison vor - wie zufrieden sind denn Trainer und Mannschaft mit dem Fortschritt?

Die haben meines Wissens keine Informationen über den aktuellen Zustand des Rasens, erst beim ersten Heimspiel werde ich wieder Kontakt mit der Mannschaft, Trainer Schluri und auch der Vereinsleitung haben.

Das heißt außer Ihren Schafen und Ihnen ist derzeit niemand vom Verein zu erreichen?

Doch, mein Hund ist auch noch da.

Der Rasen ist ja in den vergangenen Wochen sehr stark vernachlässigt gewesen...

Naja, nach der letzten Saison, die ja sehr viele Spiele mit sich brachte, brauchte der eine ordentliche Erholungszeit. Das war ja zuletzt mehr ein Acker als ein Rasen.

Und jetzt ist es eher eine Wiese. Schaffen Ihre Schafe das rechtzeitig bis zum ersten Heimspiel?

Klar schaffen die das. Und Sie werden sich wundern - die Grashalme werden dieses Mal extrem gestutzt.

Warum das?

Nun, erstens wächst es in der aktuellen Jahreszeit sehr schnell nach und zweitens wird es diese Saison etwas kürzer verlangt. Deshalb haben wir unsere Schafmannschaft auch noch ein wenig verstärkt.

Wie sehen denn die Saisonziele von HK Kopavogur aus?

Naja, wir werden diese Saison noch etwas in die Nachwuchsarbeit investieren. Es soll ja ein neuer Trainingsplatz gebaut werden, dessen Rasen dann ja auch zu pflegen ist.

Ähm, ja, und wie sieht es mit den sportlichen Zielen aus? Meisterschaft? Pokalsieg?

Ach, das interessiert mich eigentlich nicht, solange die Spieler noch was vom Rasen übriglassen. Platz 9 wäre wahrscheinlich das beste - dann gibts übernächste Saison keine unnötigen Zusatzspiele. So, jetzt muss ich aber wieder zurück zur Herde.

Vielen Dank und viel Erfolg.

Schnell verschwindet der Schäfer wieder zwischen seinen Schafen. Auf diese Abteilung von HK Kopavogur ist immerhin Verlass - sie springt sogar dann ein, wenn man von Mannschaft und Trainer im Stich gelassen wird. Ob Spieler und Vereinsleitung allerdings mit diesen neuen Saisonzielen zufrieden sind will ich erst mal stark bezweifeln.

Jetzt ist es doch so gekommen wie es Trainer Schluri prophezeit hat: Mit den ersten Plätzen in der Liga hat HK Kopavogur in dieser Saison nichts zu tun. Der Fahrstuhl nach unten hat Fahrt aufgenommen und den Verein sehr schnell auf Platz 6 und somit auch aus den Rängen transportiert, die eine internationale Beteiligung ermöglichen. Dem Vereinspräsidenten hat das natürlich wieder mal überhaupt nicht gefallen und so polterte er wieder los: "Diese Gurkereien, die wir nun in den letzten 3 Spielen miterleben durften, mache ich nicht mehr mit! Schluri darf sein Pokalziel mal weiterverfolgen - da hat er ja bisher noch Erfolg gehabt, aber das Saisonfinale übernehme ich jetzt höchstpersönlich - anders kann man diese Katastrophensaison wohl nicht mehr retten!" Hoppla, ob das gutgeht? Kann HK eigentlich überhaupt noch was retten? 5 Punkte Rückstand auf Platz 2, 4 Vorsprung auf Platz 8 - wenn man Schluri fragt ist letzterer weitaus wahrscheinlicher. Die Meisterschaft ist dagegen nicht mehr spannend.

Irgendwie taute der Vereinspräsident nach den letzten Ligaspielen deutlich auf: "Endlich spielen die auch mal auf fremdem Platz mutiger" lobte er seine Mannschaft, auch wenn er dann feststellen musste: "Außer Spesen ist leider doch nichts gewesen." In der Tat - nur ein Sieg war zu wenig, um Fjölnir und Valur auf den Fersen bleiben zu können. Und so fiel man nun auf Platz 4 zurück, was die Teilnahme am nächsten Europapokalwettbewerb nun deutlich gefährdet. 2 Punkte Vorsprung auf Platz 7, der erst in der kommenden Saison zur Teilnahme am (ungeliebten) UI-Cup berechtigen dürfte, sind einfach sehr knapp. Dementsprechend wurde die Mannschaft in dieser Woche zu einem Sondertrainingslager zusammengerufen, wo man sich hermetisch von der Öffentlichkeit abgeschirmt auf den Endspurt in den beiden nationalen Fußballwettbewerben vorbereitete. Nach offizieller Auskunft war die Stimmung gut. Die Wochen der Wahrheit haben nun begonnen!